Djokovic vs Alcaraz: Kommt's in New York zum Klassiker?

tobi-redaktionTobi
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Spätestens seit dem diesjährigen Wimbledon-Finale ist klar, dass zwischen Novak Djokovic und Carlos Alcaraz eine epische Rivalität entsteht. Folgerichtig wird auch bei den US Open ein Titelduell der zwei prägenden Akteure im Welttennis erwartet. Wie stehen die Chancen auf einen Showdown der Superstars? Ein Blick in die Geschichtsbücher.

Ausgeglichene Duelle, ausgeglichene Bilanz

Bei der Siegerehrung der Western & Southern Open sagte Novak Djokovic noch, er wolle gerne drei Wochen später jenen Mann, den er gerade niedergerungen hatte, wieder im Titelmatch der US Open sehen. Dann fügte der sichtlich erschöpfte Cincinnati-Sieger mit einem Lächeln hinzu, dass es für ihn wahrscheinlich nicht so lustig wäre, aber die Fans eine Neuauflage des Krachers gegen Carlos Alcaraz garantiert lieben würden.

Das zweite Statement würde jeder Tennisbegeisterte zweifellos unterschreiben. In etwas mehr als einem Jahr haben Djokovic und Alcaraz eine völlig neue Rivalität am ATP-Circuit entwickelt, die bereits drei absolute Klassiker produzieren ließ. Im Gegensatz zu den Big 3 sind der 36-jährige Serbe und der 20 Jahre junge Spanier altersmäßig weit auseinander, zwischen liegen zumindest zwei Generationen an Tennisprofis.

Tennis Wetten IconDennoch waren ihre sportlichen Aufeinandertreffen stets von enormer Ausgeglichenheit geprägt. Djokovic und Alcaraz gewannen je zwei Duelle, drei der vier Matches gingen in einen Entscheidungssatz und lieferten ein Maximum an elektrisierender Spannung auf allerhöchstem Niveau.

Favoritenstellung ist keine Endspielgarantie

Doch wie konkret sind die Aussichten, dass die beiden dominanten Erscheinungen auf der Tour am 10. September im Arthur Ashe Stadium die Klingen kreuzen? Selbst wenn Djokovic seine zwei Auftaktmatches problemlos überstand und Alcaraz durch die Verletzung des Schwarzwälders Dominik Koepfer einen verkürzten Turniereinstieg hatte, ist lange nicht garantiert, dass die beiden Herren sechs Partien im Billie Jean King National Tennis Center gewinnen.

Der Shooting-Star aus El Palmar durchlebte bei den Masters-Events in Toronto und Cincinnati regelrechte Achterbahnfahrten, praktisch jede seiner Partien war von Höhen und Tiefen gekennzeichnet und zog sich über die volle Distanz.

Der Belgrader wiederum hat ungeachtet seiner Vormachtstellung auf fast allen Schauplätzen der Welt bei 16 Versuchen erst drei Titel in New York errungen, keinen seit 2018. Aufgabe, Verletzung, Einbruch, Disqualifikation - irgendetwas scheint ihm bei den US Open immer dazwischen zu funken.

Branchenprimen holten letzte fünf Grand Slams

Trotz allem gelten sie als haushohe Favoriten für ein allfälliges Titelduell. Djokovic löste mit dem lockeren Überstehen der ersten Runde Alcaraz wieder als Weltranglistenersten ab, zusammen haben sie die letzten fünf Grand Slams geholt. Und seit Daniil Medvedevs Triumph in Flushing Meadows 2021 durfte kein anderer Spieler im Herren-Einzel einen Major-Pokal stemmen.

Dass im Big Apple auf drei Gewinnsätze gespielt wird, kommt ebenfalls beiden Akteuren zugute. Djokovic weiß besser als jeder andere, das Best-of-Five-Format zu seinem Vorteil zu nutzen. Und Alcaraz hat bei Grand Slams die Gelegenheit, seinen Fokus nach seinen phasenweise auftretenden Konzentrationsschwächen wieder zu finden.

carlos-alcaraz-vs-novak-djokovicDie Begegnung Carlos Alcaraz vs Novak Djokovic ist heuer zum Topschlager avanciert.MehrWeniger

Hoffnungen auf Traumfinale hoch

Der Ast des Routiniers sieht eine Spur leichter aus als jener des Young Guns, in dessen Viertel Alexander Zverev, Jannik Sinner und Cameron Norrie spielen, die allesamt Alcaraz in den letzten 15 Monaten schlagen konnten. Sein Zweitrunden-Gegner in der Night Session von Donnerstag auf Freitag ist der Südafrikaner Lloyd Harris, Djokovic trifft in Runde drei auf Landsmann Laslo Djere.

Doch was auch immer der Turnierverlauf ergibt, werden die aktuellen Branchenprimen einen Ehrenplatz in der langen Liste an epischen Rivalitäten einnehmen, die sämtliche Erwartungen der so fordernden New Yorker Fans beim Spätsommer-Klassiker in Queens in die Höhe schrauben lässt. Manchmal erfüllten sich ihre Hoffnungen, teilweise aber auch nicht.

Ein historischer Blick in die Vergangenheit zeigt, was aus im Vorfeld der US Open heraufbeschworene Duelle zweier Rivalen wurde, und welche Rückschlüsse man über den Weg von Djokovic und Alcaraz bei der diesjährigen Auflage daraus ziehen kann.

Historische Rivalitäten und ihre Parallelen zu Djokovic - Alcaraz

  1. Martina Navratilova vs. Chris Evert 1978
  2. Björn Borg vs. John McEnroe 1980
  3. Steffi Graf vs. Martina Navratilova 1988
  4. Rafael Nadal vs. Roger Federer 2008

Martina Navratilova vs. Chris Evert 1978

Die Amerikanerin ist nur zwei Jahre älter als die Tschechin, die damalige Stellung der beiden Damen im Weltsport weist aber durchaus Parallelen zu Djokovic und Alcaraz auf. Während Evert fünf Jahre lang einen Major-Titel nach dem anderen gehamstert hatte, gelang es Navratilova bis dahin nur sehr bedingt, aus ihrem offensichtlichen Talent Kapital zu schlagen. Das Blatt wendete sich, als sich die unbeständige Serve-and-Volley-Spielerin im Wimbledon-Finale nach Satzrückstand mit 7:5 im dritten Durchgang durchsetzte.

RufzeichenObwohl schon das 26. von letztlich 80 Duellen zwischen den zwei in Spielstil und Wesen so unterschiedlichen Virtuosinnen, war erst jetzt eine fesselnde Rivalität entstanden. Und wenige Wochen später sollte in der mit Spannung erwarteten Premiere der US Open im neuerrichteten National Tennis Center von Queens der nächste Akt erfolgen. Beide erreichten ohne Satzverlust das Semifinale, in dem ein US-Teeanger jedoch die Party crashte: In zwei Tiebreaks schockte die erst 16-jährige Pam Shriver ihre spätere Doppelpartnerin Navratilova.

Ein neues Gesicht war in der Szene erschienen, ein altes holte aber den Titel. Evert wies Shriver im Showdown in die Schranken und feierte ihren vierten US-Open-Triumph in Serie. Es dauerte drei weitere Jahre, bis sich die beiden Ikonen des Tennissports wieder in Flushing Meadows gegenüberstehen sollten und Navratilova den nächsten Karriereschritt vollzog.

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Björn Borg vs. John McEnroe 1980

Die mythenumwobendste Rivalität der Tennisgeschichte wurde erst so richtig in Wimbledon 1980 mit dem legendären Tiebreak im vierten Satz losgetreten. Das Goldene Zeitalter der Siebziger-Jahre mit den Stirnbändern, kurzen Shorts, langen Haaren und Holzschlägern, die der Schwede und der Amerikaner damals präsentierten, hatte an jenem Tag seinen Höhepunkt erreicht.

infoDer kühle Borg bezwang Hitzkopf McEnroe mit 1:6, 7:5, 6:3, 6:7 (16), 8:6, einem ähnlichen Ergebnis wie jenes von Alcaraz in diesem Jahr, der Djokovic am gleicher Stelle mit 1:6, 7:6 (6), 6:1, 3:6, 8:6 bog.

Einen Monat später überstanden „Fire and Ice", wie die so gegensätzlichen Charaktere bezeichnet wurden, den entstandenen Hype in New York und schlugen sich bis ins Finale durch. Schon mit dem Rücken zur Wand, hatte Borg zunächst Roscoe Tanner, dann Johan Kriek niedergerungen, McEnroe konnte sein Halbfinale gegen Jimmy Connors ebenfalls nach Rückstand drehen.

Die Stimmung war aufgeheizt, das New Yorker Publikum feuerte den lieber europäischen Sunnyboy als den lokalen Bösewicht an. Borg, der zuvor 13 aufeinanderfolgende Matches über fünf Sätze gewonnen hatte, glich einen 0:2-Rückstand aus, verlor diesmal aber im entscheidenden Durchgang. Im Fernsehstudio meinte Billie Jean King, der Schwede würde nie wieder der Alte werden, sein Panzer sei gebrochen. Tatsächlich gewann Borg danach nur mehr ein Major und trat zwölf Monate später zurück.

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Steffi Graf vs. Martina Navratilova 1988

Medial wurde das Duell Chris gegen Martina vielleicht mehr in den Fokus gerückt, die Rivalität Steffi gegen Martina hat jedoch eine ähnliche historische Bedeutung und war wohl noch umkämpfter. Von den 18 Begegnungen gingen sechs bei Grand-Slam-Finals über die Bühne. 1987 zählte Navratilova 30 Lenze, stand seit fünf Jahren an der Spitze der Weltrangliste und lag im Head-to-Head mit Zweisatz-Siegen in den Endspielen von Wimbledon und New York über Graf noch klar voran.

Im Jahr darauf erfolgte aber die schnelle Ablöse. Im All England Club befreite sich die Deutsche nach nervösem Beginn mit ihrer makellosen Vorhand von den erdrückenden Angriffen der Linkshänderin und feierte ihren ersten Wimbledon-Triumph. Die drei bis dahin gespielten Majors des Jahres eingefahren, fehlte nur noch der US-Open-Titel, um erstmals seit Margret Court 1970 den Kalender-Slam zu fixieren. Ja mehr noch, selbst der beispiellose Golden Slam mit einem etwaigen Olympiasieg bei den Sommerspielen von Seoul war für Graf in Reichweite.

steffi-grafSteffi Graf - hier nach Ende ihrer aktiven Tenniskarriere.MehrWeniger

Allgemein ging man davon aus, dass Navratilova ein Wörtchen mitreden wollte, selbst mit inzwischen 31 Jahren weigerte sie sich, der Brühlerin das Feld zu überlassen. Die Pragerin kam auch problemlos durch die ersten vier Runden und wirkte bereit für einen Semifinal-Clash mit einem weitern Starlet, der Argentinierin Gabriela Sabatini.

Zina Garrison in der Runde der letzten Acht sollte jedenfalls keine Hürde darstellen, die Bilanz im direkten Vergleich lautete 21:0 für Navratilova. Zum 22. Erfolg am Stück gegen die Amerikanerin kam es allerdings nicht. Einen Satz und zwei Breaks zurück, reichte die fulminante Aufholjagd am Ende nicht, der dritte Durchlauf ging mit 5:7 verloren. Der Showdown mit Graf war abgesagt und Steffi avancierte bald darauf zum ersten Golden Girl des Tennis.

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Rafael Nadal vs. Roger Federer 2008

Könnte irgendetwas das größte Match aller Zeiten überhaupt toppen? Die Tennis-Community wollte es bei den US Open 2008 unbedingt herausfinden. Im Juli hatte Nadal in Wimbledon Federer nach einem sich über sieben qualvolle Stunden ziehenden, von Regen unterbrochenen Fünfsatz-Thriller entthront und von der Weltranglistenspitze gestoßen, im Anschluss kürte er sich in Peking auch zum Olympiasieger.

Der King of Queens hieß aber noch immer Roger Federer. Viermal in Serie hatte der beste Hardcourt-Spieler der Welt schließlich in New York triumphiert. Die Auslosung sprach diesmal allerdings nicht für den Maestro, schon im Achtelfinale zwang ihn der Russe Igor Andreev in einen fünften Satz. Den Finaleinzug verpasste dann aber Nadal, seinem Lauf setzte Andy Murray ein Ende.

roger-federer-us-open2008 gewann Roger Federer in New York ohne direkte Begegnung mit Nadal.MehrWeniger

Am folgenden Abend wurde der Schotte im Endspiel vom Schweizer abserviert, der seinen fünften Titel in New York bejubeln durfte. Kurioserweise sollte Federer nie wieder die US Open gewinnen, der Spanier hingegen holte danach vier Mal den letzten Grand Slam des Jahres. Noch eigenartiger erscheint die Tatsache, dass die beiden Allzeit-Ikonen 2009, 2010, 2013 und 2017 zwar nur eine Runde von einem direkten Duell in Flushing Meadows entfernt waren, ihre Wege sollten sich im Big Apple aber nie wieder kreuzen.

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Autor: Tobi
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