Rafael Nadal: Ende einer unglaublichen Serie
TobiNach dem Masters-Turnier in Indian Wells wird Rafael Nadal erstmals seit 912 Wochen aus den Top 10 der Weltrangliste rutschen. Lange dürfte der 22-fache Grand-Slam-Champion dem Kreis der absoluten Tenniselite allerdings nicht fernbleiben. Schließlich hat der unangefochtene Sandplatzkönig in der Asche-Saison ja kaum Punkte zu verteidigen.
Verletzungsgeschichte macht Serie noch unfassbarer
Wegen anhaltender Probleme mit der Hüfte, die sich in der zweiten Runde der Australian Open gegen Mackenzie McDonald manifestiert hatten, musste Rafael Nadal seine Nennung für das am Mittwoch angelaufene ATP1000-Event in Indian Wells zurückziehen.
Durch seine Abwesenheit in der kalifornischen Wüste wird eine der beeindruckendsten Serien in der Tennisgeschichte am 20. März ein unspektakuläres Ende finden:
Am Tag nach dem Finale der BNP Paribas Open fliegt der Spanier nach 912 durchgehenden Wochen unter den Top 10 der Weltrangliste aus diesem elitären Kreis hinaus.
Großer Punkteverlust Melbourne und Indian Wells
„Natürlich ist es besser, in den Top 10 zu sein als außerhalb", verweist der 92-fache Titelgewinner auf der ATP-Tour auf den für die Turniersetzungen entscheidenden Faktor.
Ganze 1955 Punkte büßte der Titelverteidiger in Melbourne allein durch seine frühe Niederlage beim Happy Slam ein. 600 weitere Zähler wird er vom Turnier im Coachella Valley im vergangenen Jahr verlieren, als er im Endspiel Taylor Fritz unterlegen war.
Fritz besiegelt Ende von Nadals Lauf
Mit seinem letztwöchigen Einzug ins Semifinale des ATP500 in Acapulco avancierte nun ausgerechnet der Amerikaner zum zehnten Profi, der nach dem Klassiker in Indian Wells garantiert mehr Ranking-Zähler am Konto haben wird als Nadal.
Obwohl er von seinem ersten und bisher einzigen Masters-Triumph aus dem Vorjahr in seinem Heimat-Bundesstaat 1000 ATP-Punkte zu verteidigen hat, kann Fritz auch durch eine frühe Niederlage bei der 49. Auflage des Turniers nicht mehr vom Mallorquiner eingeholt werden.
Taylor Fritz kickt Nadal aus der Weltrangliste.MehrWeniger
Die anderen neun Spieler, die fix am übernächsten Montag vor Nadal klassiert sein werden, sind Novak Djokovic, Carlos Alcaraz, Stefanos Tsitsipas, Casper Ruud, Andrey Rublev, Daniil Medvedev, Felix Auger Aliassime, Holger Rune und Hubert Hurkacz. Damit fällt der 36-Jährige zumindest auf Platz elf zurück, abhängig vom Abschneiden anderer Protagonisten in Indian Wells sogar noch weiter.
Keine Gefahr von hinten
Mit 912 aufeinanderfolgenden Wochen in den Top 10 der Weltrangliste bleibt Nadal dennoch bemerkenswerte 124 Wochen vor seinem ersten Verfolger in dieser Statistik, der ihn ebenso wenig einholen wird wie alle anderen Spieler unter den ersten Fünf, da sie allesamt ihre Karrieren längst beendet haben. Platz zwei der Hitliste nimmt Jimmy Connors ein, der 789 Wochen in Serie zwischen 1973 und 1988 diesem Kreis angehörte.
Auf 742 Wochen zwischen 2002 und 2016 bringt es Roger Federer, Ivan Lendl wurde von 1980 bis 1992 stolze 619-mal in Folge vom ATP-Computer unter den zehn besten Spielern ausgewiesen, auf 565 Wochen am Stück von 1990 bis 2001 brachte es Pete Sampras.
Zweitbester aktiver Spieler in dieser Wertung ist Novak Djokovic, der sich 555 Wochen zwischen 2007 und 2017 in den Top 10 aufhielt. Die beiden deutschsprachigen Asse Dominic Thiem und Alexander Zverev fanden sich übrigens 260 bzw. 253 durchgehende Wochen jeweils über fünf Jahre lang in diesem Kreis und belegen damit in der ewigen Rangliste die Plätze 17 und 18.
Novak Djokovic hat viele Rekorde gebrochen - diesen jedoch nicht.MehrWeniger
Navratilova schaffte 1000 Wochen in Folge
Nadals imposante Serie begann am 25. April 2005, nachdem der damals 18-Jährige tags zuvor den derzeitigen Alcaraz-Coach Juan Carlos Ferrero im Finale von Barcelona niedergerungen hatte. Erst 16 Spielzeiten später nahm der Stier von Manacor mit Platz zehn wieder ein zweistelliges Ranking ein.
Von den 912 Wochen sind allerdings jene 22 im ersten Pandemie-Jahr 2020, als die Tour komplett stillstand und die Weltrangliste eingefroren wurde, nicht eingerechnet. Die Nummer eins der Tenniswelt ist der Linkshänder mit seinen Zahlen aber nicht, den Platz an der Sonne ist einem anderen Lefty vorbehalten: Martina Navratilova hielt sich von 1975 bis 1944 genau 1000 Wochen en suite unter den Top 10 des WTA-Rankings.
Im Frühling kaum Punkte zu verteidigen
Eine schnelle Rückkehr in diese prestigeträchtige Runde der absoluten Topspieler scheint jedenfalls nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich. Nach dem ATP1000 in Indian Wells wird Nadal, der seit den Australian Open kein Turnier bestritten hat, bis Mai keine Punkte mehr abgeben.
Und bis Roland Garros hat er nur 270 Zähler zu verteidigen, davon 180 aus dem letztjährigen Viertelfinale in Madrid und 90 aus der dritten Runde in Rom 2022. Mit ein paar gewonnenen Matches bis zum Beginn der French Open wäre Nadal also plötzlich wieder in den Top 5.
Rafael Nadal könnte schon bald in die Top 10 zurückkehren.MehrWeniger
Angepeilte Rückkehr auf Europas Sandplätze
Allerdings hängt einiges von seinem Genesungsprozess ab. „Wir müssen einfach Woche für Woche schauen", gibt sich Nadal bedeckt.
Noch übt sich der 22-fache Grand-Slam-Champion in Geduld. „Der Turnierkalender ist hart und ich bin auch keine 20 mehr." Selbst geht er aktuell von einer Rückkehr auf die ATP-Tour zur europäischen Sandplatzsaison aus. „Ich weiß nicht, ob es in Monte Carlo, Barcelona oder Madrid sein wird. Sobald es irgendwie geht, will ich unbedingt wieder spielen."
Seit 25 Jahren bin ich als Sportjournalist für meinungsbildende überregionale Medien tätig und habe u.a. von Olympischen Spielen, Fußball-Weltmeisterschaften und Tennis-Grand-Slam-Turnieren vor Ort berichtet. Durch die Pressearbeit für nationale Sportverbände und Fernsehsender ist mir zudem auch die PR- und Kommunikationssparte der Branche bestens vertraut. Dem Tennissport fühle ich mich als passionierter Hobbyspieler nicht nur beruflich eng verbunden.