Preisgeld-Debatte: Schwer zu erzielende Lösung
Noch immer gibt es eklatante Unterschiede zwischen den Turnierdotationen der WTA und ATP, vor allem bei Combined-Events stößt das oft signifikant geringere Preisgeld für Damen auf Unverständnis. Zwar steht eine Annäherung im Raum, doch sprechen auch mehrere Gründe dagegen, dass dieses Ungleichgewicht vollumfänglich behoben wird.
Große Unterschiede bei gleichem Turnier
Genau 1.019.335 Dollar streifte der Südtiroler Jannik Sinner am Sonntag Abend für den bisher größten Erfolg in seiner Karriere ein. Insgesamt war das Masters in Toronto mit 6,6 Millionen Dollar dotiert, eine Steigerung von 11,36 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Rund 500 Kilometer weiter östlich musste sich die Amerikanerin Jessica Pegula für ihren Titelgewinn bei der Parallelveranstaltung in Montreal, ebenfalls ein 1000er-Turnier, mit 454.500 Dollar begnügen. Im Vergleich zu Toronto schlanke 2.788.468 Dollar wurden in der frankokanadischen Metropole an die Teilnehmerinnen des WTA-Highlights ausgeschüttet.
Parität bei Grand Slams
Das in dieser Woche in Szene gehende Combined-Event in Cincinnati weist wieder exakt jene ungleichen Summen für Herren- und Damenbewerb wie in Kanada aus, obwohl auch dieses Turnier zur selben Kategorie zählt und genauso im Best-of-Three-Format ausgetragen wird.
Parität gibt es hingegen bei den vier Grand Slams. Die US Open zahlen gar schon seit 1973 das gleiche Preisgeld für Herren und Damen aus, die Australian Open zogen 28 Jahre später nach, in Roland-Garros und Wimbledon stehen seit 2007 dieselbe Zahlen auf den Schecks der jeweiligen Champions bei Damen und Herren.Nachfrage bestimmt den Preis
Immerhin hat die WTA einen ambitionierten Leitfaden entwickelt, bei gemeinsamen Turnieren mit der ATP auf den Ebenen 1000 und 500 bis zum Jahr 2027 das gleiche Preisgeld auszuzahlen. Bei Events an verschiedenen Schauplätzen soll bis 2033 Parität einkehren.
So ehrenhaft der Plan sei, habe der Gedanke nichts mit Gleichberechtigung, sondern viel mehr mit Einnahmeströmen zu tun, meinen Skeptiker. „Es regt sich doch auch keiner auf, dass weibliche Models bekannter sind und mehr verdienen als männliche", positioniert sich etwa Starcoach Günter Bresnik in der österreichischen Tageszeitung Kurier sehr deutlich.
– Günter Bresnik
Extrembeispiel Fußball
Eine ähnliche Diskussion mit wesentlich gravierenderen monetären Unterschieden wird im internationalen Fußball geführt, in dem aufgrund von sündteuren TV-Übertragungsrechten und milliardenschweren Sponsorverträgen mehrere hundert Mal so hohe Gehälter in der von Männern ausgeübten Variante des Spiels bezahlt werden als bei den Frauen.
Erfolgskonzept Combined-Events
Auch im Tennis erzielt die WTA substanziell geringere Erlöse als die ATP. Allerdings sind bei den vier Majors und den Combined-Events wie den aktuell laufenden Western & Southern Open in Cincinnati, die von beiden Touren gemeinsam vermarktet werden, kaum Unterschiede bei den Zuschauerzahlen zu vernehmen.
Ein vehementer Befürworter gleicher Dotationen ist Andy Murray, der einst nicht nur als erster ATP-Star in Amelie Mauresmo einem weiblichen Coach vertraute, sondern sich auch neben dem Tennisplatz regelmäßig für die Gleichstellung der Frauen einsetzt.
„Ich war immer der Meinung, dass wenn wir uns schon bei den selben Turnieren auf denselben Courts messen, auch um das gleiche Preisgeld spielen sollten", sagte die ehemalige Nummer eins zu Beginn des nordamerikanischen Hardcourt-Swings in Washington. „Ich finde es sehr positiv, dass einige Veranstalter das bereits handhaben."
Fusion der Touren als plausible Lösung
Doch auch dem schottischen Veteranen ist bewusst, dass die Umsetzung von ausnahmslos gleichen Preisgelder unrealistisch bleibt, solange sich kein radikaler Wandel an der Spitze des Tennis einstellt. Die lange diskutierte und eigentlich auf der Hand liegende Lösung, wäre die Fusion der zwei Circuits.
ATP wehrt sich gegen Verschmelzung
Allzeit-Ikone Roger Federer ist in der Vergangenheit ebenfalls des Öfteren für eine Verschmelzung der Organisationsstrukturen von Damen und Herren eingetreten. Das Problem: Beide Profivereinigungen müssten zum Wohle des Sports einen Teil ihrer Macht abgeben.
Bisher konnte sich vor allem die ATP just aufgrund der höheren Umsätze lediglich zu losen Kooperationen mit der WTA strecken. Und weil das Herrentennis für die Geldgeber ein attraktiveres Investment darstellt, wird der Traum gleicher Preisgelder zumindest vorläufig eher unerfüllt bleiben.