Roger Federer: Die Rückkehr des Königs
In der kommenden Woche feiert Roger Federer beim 250er-Event von Doha sein Comeback auf der ATP-Tour. Dass der Schweizer auch nach einer langen Wettkampfpause auf Anhieb auf höchstem Niveau spielen kann, hat er bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt. Doch diesmal scheinen die Fragezeichen größer zu sein.
Australian Open kamen zu früh
Die Australian Open wären ein Spürchen zu früh gekommen, sagte der „Maestro" im Schweizer Fernsehen. Zudem wollte er sich nach einer derart langen Spielpause nicht gleich beim Wiedereinstieg den extremen körperlichen Belastungen eines Grand-Slam-Turnieres aussetzen. Der ehemalige brasilianische Tennisprofi und Federer-Kumpel André Sá will hingegen wissen, dass die strengen australischen Quarantäne-Vorschriften und die damit verbundene lange Trennung von seiner Familie den Ausschlag gegen ein Antreten in Melbourne gegeben hätten.
Doha ist ein guter Boden
Sein letztes offizielles Match hatte Federer im Halbfinale des premieren Majors 2020 in Down Under gegen Novak Djoković bestritten, danach musste er sich gleich zwei Knie-Operationen unterziehen und sagte den Rest der Saison komplett ab.
Doch auch praktische Gründe sprachen für eine Verschiebung seiner Tour-Rückkehr auf das Qatar ExxonMobil Open. In den vergangenen Monaten trainierte Federer intensiv in seiner zweiten Heimat Dubai, nur eine Flugstunde von Doha entfernt.
Und die Bedingungen im Veranstalterland der nächstjährigen Fußball-Weltmeisterschaft kommen dem 20-fachen Grand-Slam-Champion durchaus entgegen. Dreimal konnte er bisher das Turnier im Wüstenemirat gewinnen, sein letztes Antreten in der katarischen Hauptstadt liegt allerdings neun Jahre zurück.
Wimbledon, Olympia, US Open
Über einen Start beim darauffolgenden 500er-Turnier in Dubai, wo er 2019 seinen 100. Titel erobert hatte, will der 39-Jährige erst nach den aus dem ATP250 in Doha gewonnenen Erkenntnissen entscheiden: „Sonst gehe ich zurück in den Kondi-Block, dann noch einmal in einen Tennis-Block."
Im April stehe unter allen Umständen wieder Training statt Wettkampf auf dem Programm. „Ich will noch einmal große Siege feiern. Und dafür bin ich bereit, den langen, harten Weg zu gehen", verspricht Federer, der auch die Sandplatzsaison in seine vorläufigen Planungen einbezieht. Der Fokus richte sich allerdings auf Wimbledon, die Olympischen Spiele in Tokio und die US Open in New York. Doch hänge alles davon ab, wie der Körper auf die Rückkehr in den Wettkampfmodus reagiere. Er werde keinesfalls „krankhaft versuchen, auf der Tour zu bleiben", wie er im SRF unterstreicht.
Knie bereitet seit Jahren Probleme
Dass man in dieser Phase der aktiven Laufbahn mehrere Baustellen am Körper hat, gehöre zum Alltag. Schließlich bereite das rechte Knie schon seit Jahren Probleme, verrät der 63-Jährige im Interview.
An ein Karriereende habe Federer, der kommende Woche in seine 24. Profi-Saison geht, nach den beiden Eingriffen aber dennoch nie gedacht. „Was man bei ihm oft unterschätzt, ist die Geduld, die er hat", hebt Paganini die ungebrochene Entschlossenheit seines Schützlings hervor. „Ohne sie wäre er wohl längstens des Alters wegen zurückgetreten."
Beeindruckendes Comeback 2017
Paganini erkennt aktuell dennoch einen signifikanten Unterschied zur seinerzeitigen Situation: „Damals waren seine Muskeln eigentlich immer da. Jetzt hatten wir eine totale Unterbrechung und die Muskeln verschlechterten sich erheblich. Als ich mit ihm zu arbeiten begann, waren wir ganz unten."
40. Geburtstag bei Olympia
Die lange Wettkampfpause macht eine Prognose über Federers Abschneiden in Doha äußerst unsicher. Einerseits zeigt just sein so unglaubliches Comeback 2017, dass der 103-malige Turniersieger auch ohne Matchpraxis keinerlei Anlaufzeit braucht, um wieder auf höchstem Niveau konkurrenzfähig zu sein.
Auf der anderen Seite musste er in seiner diesmal deutlich länger ausgefallenen Spielpause gleich zweimal unter's Messer. Zudem spricht das fortschreitende Alter wohl nicht unbedingt für den Rechtshänder, der während der Olympischen Spiele in Tokio seinen 40. Geburtstag feiern wird.
Profiteur von Regeländerung
Die schweren Brocken bleiben dem an zweiter Stelle gesetzten Superstar in den frühen Runden von Doha aber erspart. Denn obwohl er seit 14 Monaten auf keinem Turnier-Court mehr gestanden ist, wird Federer in der Weltrangliste noch immer als Nummer fünf geführt. Grund dafür ist eine wegen der vielen Verschiebungen und Absagen in den Turnierkalendern 2020 und 2021 beschlossene Regeländerung, durch die keine Punkte aus der Wertung fallen. Wenn ein Spieler bei einem Event antritt, das er auch im Vorjahr bestritten hat, wird das bessere der beiden Resultate berücksichtigt.
Federer gilt also als großer Profiteur der Regelung, die ihm vor allem einiges an Zeit verschaffte. Denn ohne dem der Corona-Pandemie geschuldeten Einfrieren der Punkte hätte er seit Ende Januar überhaupt kein Ranking mehr und wäre von einer - mit Sicherheit gewährten - Wildcard des Veranstalters abhängig, um überhaupt spielen zu dürfen. Ein Aufeinandertreffen mit Großkalibern wie US-Open-Champion Dominic Thiem, Aufsteiger des Jahres Andrej Rublew oder Shootingstar Denis Shapovalov ist nun in den ersten Runden ausgeschlossen.
Starkes Starterfeld in Doha
Titel führt über Dominic Thiem
Der Turniersieg wird nach Einschätzung von tenniswetten.de nur über Dominic Thiem führen. Der topgesetzte Österreicher, der in den letzten Jahren zu dieser Zeit auf der südamerikanischen Sandplatz-Tournee zumeist eine ausgezeichnete Figur abgab, hat einerseits in dieser Saison bereits genügend Spielrhythmus bekommen, zum anderen konnte er nach den für ihn eher enttäuschend verlaufenen Australien-Wochen wieder seine Akkus aufladen. Auch der Rechtsstreit mit seinem langjährigen Mentor Günter Bresnik wurde unlängst beigelegt, womit ein Störfaktor abseits des Platzes wegfällt.
Und: Mit 5:2-Siegen hat der Weltranglistenvierte im Head-to-Head gegen Roger Federer eine klar positive Bilanz.