Masters-Turniere: Fünf Stars ohne Titel
Aufgrund der unglaublichen Dominanz der Big Four wurde in den letzten eineinhalb Jahrzehnten zahlreichen Topspielern nicht nur ein Grand-Slam-Triumph verwehrt. Auch in den Siegerlisten der ATP1000-Events fehlen einige überaus prominente Namen. Ein Blick auf fünf Stars, die es nun endlich schaffen könnten…
Jahrelang galt die 1000er-Turnierebene der ATP-Tour als persönliche Spielwiese von Novak Djokovic, Rafael Nadal, Roger Federer und Andy Murray. In den letzten paar Saisonen trugen sich aber immer mehr Profis in die Siegerlisten der nach den Grand Slams prestigevollsten Events ein. Auch Alexander Zverev hat bereits fünf Einzeltitel bei solchen Veranstaltungen erzielt, Dominic Thiem immerhin einen.
Dennoch ist es einigen Spitzenspielern noch nicht gelungen, über Masters-Triumphe zu jubeln, obwohl sie schon Major-Finals erreichen und sich längst in den Top 10 der Welt festsetzen konnten. Während die zwei erwähnten deutschsprachigen Stars nach langwierigen Verletzungen noch den Anschluss suchen und bei den kommenden beiden ATP1000-Events in Indian Wells und Miami wohl kaum zu den Favoriten zählen dürften, wollen fünf andere Champions mit imposanten Lebensläufen endlich auch auf Masters-Niveau reüssieren.
Casper Ruud
Der Norweger war erstmals 2021 in die Top 10 der Weltrangliste vorgedrungen, hauptsächlich wegen seiner konstant soliden Leistungen bei ATP250ern. Im Vorjahr erfolgte dann ein gewaltiger Karrieresprung: In Miami unterstrich Casper Ruud mit dem Einzug ins Miami-Finale, dass sein Spiel nicht allein auf roter Asche effektiv sein kann. Bei den Grand Slams in Roland Garros und Flushing Meadows bestritt er ebenfalls jeweils das Championship-Match.
Hätte der 24-Jährige die US Open im vergangenen Spätsommer gewonnen, wäre er am folgenden Tag sogar zur Nummer eins der Welt avanciert. Die bisher schwache Bilanz 2023 sollte kein Grund zur Sorge geben, begann Ruud seinen Saisonaufbau doch bewusst spät und trat nach eigenen Angaben bei den Australian Open im Januar nur deshalb an, weil es sich um ein Major handelt. Ein Masters-Erfolg sollte also nur noch eine Frage der Zeit sein - und zwar eher früher als später.
Andrey Rublev
Der Russe hat sich seit seiner kräftezehrenden Verletzung als einer der produktivsten Akteure auf der Tour herauskristallisiert. Zwölf Titelgewinne konnte Andrey Rublev in seiner Karriere bislang verbuchen, fünf davon auf 500er-Ebene. Zweimal stand er im Showdown um einen Masters-Titel, scheiterte 2021 aber sowohl in Monte-Carlo als auch in Cincinnati in zwei glatten Sätzen.
Die aktuelle Saison verlief hingegen äußerst wechselhaft. In Melbourne stieß er in sein drittes aufeinanderfolgendes und insgesamt siebtes Grand-Slam-Viertelfinale vor, in dem er sich schließlich dem überragenden Novak Djokovic beugen musste. Demgegenüber stehen wiederum drei Erstrunden-Niederlagen in diesem Jahr. Davor hatte der Weltranglistenfünfte bei den ATP Finals in Turin sowohl Daniil Medvedev als auch Stefanos Tsitsipas eliminiert, ehe er im Semifinale - richtig - Casper Ruud unterlag.
Matteo Berrettini
Die abgelaufene Spielzeit entwickelte sich für den Römer zur Achterbahnfahrt, Krankheiten und Verletzungen zwangen Matteo Berrettini zu längeren Zwangspausen. In der ersten Saisonhälfte hatte der Wimbledon-Finalist von 2021 nur ein ATP1000-Turnier bestritten, im zweiten Halbjahr schied er in Cincinnati und Kanada gleich in der ersten Runde aus.
Dass er seit dem epischen, aber verlorenen Fünfsatz-Krimi zum Auftakt der Australian Open kein Match mehr bestritten hat und nur noch drittbester Italiener im ATP-Ranking hinter Jannik Sinner und Lorenzo Musetti ist, hat wenig zu bedeuten, schließlich zeigte sich Berrettini bei seiner Turnierplanung stets selektiv. Und obwohl er sich auf schnellen Belägen deutlich wohler fühlt, erreichte der 26-Jährige ausgerechnet auf dem Sandplatz von Madrid sein bisher einziges Masters-Finale - was viel über das Potenzial des Brachialaufschlägers verrät.
Nick Kyrgios
Selektiv ist auch eine von sehr vielen Eigenschaften, die auf Nick Kyrgios zutreffen. So will der Australier im Gegensatz zu Casper Ruud nicht deshalb in Paris antreten, weil es sich um ein Grand-Slam-Turnier handelt, sondern einzig, weil seine Lebensgefährtin die französische Hauptstadt kennenlernen möchte. Dennoch hatte der Tennis-Rüpel 2022 eine für seine Verhältnisse ungewöhnlich volle Agenda, zog etwa in Wimbledon ins Finale ein und gewann in Washington sein erstes Turnier seit drei Jahren. Und obwohl er für das Endspiel der All England Championships keine Weltranglistenpunkte erhielt, kehrte Kyrgios nach langer Zeit wieder in die Top 20 zurück.
Vier seiner sieben ATP-Titel holte der 27-Jährige bei 500ern, in ein Masters-Finale schaffte er es aber nur einmal: in Cincinnati 2017. Doch was alles möglich wäre, zeigt seine letztjährige Matchbilanz auf ATP1000-Niveau. Von 15 Matches gewann Kyrgios stolze elf. Zwar stand er wegen eines operierten Meniskus in diesem Jahr noch auf keinem Turniercourt, doch weiß man aus der Vergangenheit, dass die Nummer 19 der Welt nicht viel Spielpraxis braucht, um in Schwung zu kommen. Und: Je prominenter der Gegner, desto herausragender die Leistung.
Gael Monfils
Gar seit einem halben Jahr zum Zuschauen verurteilt ist Gael Monfils. Den Franzosen, der seine letzten vier Auftritte im Vorjahr jeweils bei Masters-Turnieren hatte, wird von einer hartnäckigen Fußverletzung geplagt, seit einigen Wochen kann er aber wieder trainieren und bereitet seine Rückkehr auf die Tour vor. Ähnlich wie Nick Kyrgios benötigt auch der Schützling von Erfolgscoach Günter Bresnik keinen großen Rhythmus, um sein bestes Tennis abzuliefern. Und einige seiner denkwürdigsten Leistungen bot der Veteran just in den letzten Jahren.
Der mit der ukrainischen Starspielerin Elena Svitolina verheiratete und soeben Vater gewordene Monfils zählt definitiv zu jenen Profis, deren Meritenliste von der Präsenz der Big Four massiv beeinträchtigt wurde, von seinen 33 ATP-Finals bestritt er immerhin drei auf Masters-Ebene. Für den ganz großen Wurf sollte der magische Touch des 36-jährigen Showmans auch im Spätherbst seiner Karriere allemal reichen.