Schon der zweite Auftritt der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar hat entscheidenden Charakter. Im ersten großen Klassiker zwischen zwei ehemaligen Titelträgern müssen die Mannen von Bundestrainer Hansi Flick am Sonntag, den 27. November, um 20:00 Uhr MEZ, gegen Gruppenfavorit Spanien gewinnen, wenn sie das früheste Ausscheiden einer DFB-Auswahl bei einer Endrunde vermeiden wollen.
Gespielt wird im al-Bayt-Stadion von al-Chaur, wo u.a. auch das Eröffnungsmatch zwischen dem Gastgeber und Ecuador in Szene ging. Kurios: Die ursprünglich gerundeten Zuschauerkapazitäten der WM-Spielstätten wurden vom Turnierausrichter inzwischen korrigiert, offiziell verfügt die ca. 50 Kilometer nördlich der Hauptstadt Doha gelegene Arena nun über 68.895 Plätze.
Die Auftaktspiele der beiden Mannschaften verliefen höchst unterschiedlich. Deutschland steht nach der enttäuschenden 1:2-Niederlage gegen Japan mit dem Rücken zur Wand. Spanien, das zum 16. Mal an einer Endrunde teilnimmt und nur beim Titelgewinn 2010 über das Viertelfinale hinausgekommen war, wurde seiner Favoritenrolle gegen Costa Rica mit dem 7:0-Schützenfest mehr als gerecht.
Die Ergebnisse bestätigen auch den Trend, der sich schon lange vor der Weltmeisterschaft abzeichnete. Während Deutschland bereits in der Nations League nicht zu überzeugen vermochte, gewann La Furia Roja ihre Gruppe und behielt zudem in den drei Testspielen des Jahres eine weiße Weste.
Der direkte Vergleich zwischen den zwei Nationen weist eine sehr ausgeglichene Bilanz aus. Von 25 Duellen mit Spanien hat Deutschland neun gewonnen und acht verloren, die Tordifferenz ist mit 30:31 wiederum leicht negativ. Die letzte Begegnung mit den in der FIFA-Weltrangliste an Position sieben platzierten Iberern nahm für den auf Rang elf gereihten, viermaligen Weltmeister allerdings einen ganz bitteren Verlauf. Vor zwei Jahren setzte es in der Nations League eine 0:6-Abfuhr in Sevilla.
Wettquoten am 27.11.2022 – 10:45 Uhr – Bitte beachte, dass die Quoten der Buchmacher sich laufend ändern können / Der Quotenvergleich ist nur eine Auswahl der Redaktion / Es gelten die AGB der Anbieter / Wetten erst ab 18+ / Alle Angaben ohne Gewähr
Dass Spanien für die internationalen Wettbüros als klarer Favorit ins Spiel geht, drücken nicht allein die Ergebnisse der ersten Runde aus. Zuletzt agierten die historisch gesehen eher launigen Südeuropäer wesentlich stabiler als die in der Vergangenheit taktisch so disziplinierten Deutschen. Die Buchmacher von Playzilla warten dennoch mit einer durchaus attraktiven Siegquote für Spanien von 2,37 auf.
Die Furia Roja kann dem Match auch ohne Druck entgegenblicken, stehen die Aufstiegschancen doch selbst bei einer etwaigen Niederlage recht gut. Und dass sowohl Luis Enrique als auch Hansi Flick eine echte Tormaschine abgeht, fällt beim schnellen Ballbesitz-Fußball der Spanier wohl weniger ins Gewicht als bei Deutschland.
Allein die Auftaktpartien als Maßstab herzunehmen, wäre aber zu kurz gegriffen. Für die DFB-Elf werden sich gegen Spanien mit Sicherheit mehr bespielbare Räume ergeben als gegen die tiefstehenden Japaner. Auf der anderen Seite wurde die mittlerweile in die Jahre gekommene Abwehr des Weltmeisters von 2010 beim Einstand praktisch überhaupt nicht geprüft, auch das Toreschießen machte Costa Rica dem Favoriten sehr leicht.
Weiteres werden die durch im Stahlbad der Champions League geformten Mittelfeldstars der DFB-Delegation den spanischen Wirbelwinden kaum so viele Freiheiten geben und ihrerseits versuchen, den Gegner früh im Spielaufbau zu stören. Gelingt es, die Abwehr einigermaßen zu stabilisieren, die Positionen diszipliniert zu halten und die Spanier schon bei der Ballannahme zu stören, ist ein Sieg drinnen. Cloudbet bietet für einen Dreier Deutschlands die lukrative Wettquote von 3,04 an.
Unter dem Strich gibt es aber einfach zu wenige Indizien, dass die Truppe um Kapitän Manuel Neuer die seit Monaten anhaltende Formkrise ausgerechnet gegen einen nachweislich spielfreudigen Titelkandidaten beenden kann. Die junge Garde der Spanier lässt den Ball extrem schnell zirkulieren, mit Tempodribbler und Trainer-Schwiegersohn Ferran Torres sowie dem aktuell besten Nationalteam-Torschützen Alvaro Morata haben sie zudem zwei Angreifer in ihren Reihen, die ihre meist zahlreichen Möglichkeiten irgendwann einmal auch zu verwerten wissen.
Seit 1978 ist Spanien durchgehend bei Weltmeisterschaften vertreten, die letzten beiden Turniere endeten aber jeweils mit großen Enttäuschungen. 2014 scheiterte man als Titelverteidiger bereits in der Vorrunde, vor vier Jahren war nach einem Elfmeterschießen im Achtelfinale gegen Gastgeber Russland Endstation.
Für Katar hat Nationaltrainer Luis Enrique die schon bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr runderneuerte Formation noch einmal verjüngt, ohne auf erfahrene Stützen komplett zu verzichten. Der defensiven Abgeklärtheit von Sergio Busquets, Jordi Alba, Cesar, Azpilicueta und Daniel Carvajal steht die jugendliche Unbekümmertheit von Gavi, Pedri, Ansu Fati, Nico Williams und Yeremy in der Kreativabteilung gegenüber.
Auch diese zum WM-Auftakt nur teilweise zum Einsatz gekommenen Teenager und Neo-Twens beherrschen das traditionelle spanische Kurzpassspiel in Perfektion. Die Mannschaft präsentierte sich gegen die Costa Ricaner, denen man nur 19 Prozent der Gesamtspielzeit den Ball überließ, extrem variabel und ungewöhnlich effektiv im Abschluss. Ohne echten Mittelstürmer erzielten sechs verschiedene Spieler die sieben Treffer.
Dass Ballbesitz-Verfechter Luis Enrique, seines Zeichens Triple-Gewinner mit dem FC Barcelona 2015, sein Spielsystem gegen Deutschland wesentlich verändern wird, ist kaum anzunehmen, was die Mannschaft aufgrund des hohen Zirkulationstempos aber auch nur zu einem sehr geringen Grad ausrechenbar macht.
Eigentlich lief für Deutschland zum Auftakt am vergangenen Mittwoch lange Zeit alles nach Plan. Ilkay Gündogan brachte die Mannschaft gegen Japan per Strafstoß verdient in Führung, ein Stangentreffer des England-Legionärs, ein Abseits-Tor von Kai Havertz und weitere Großchancen deuteten auch danach auf einen programmgemäßen WM-Einstieg hin. Der Ballbesitz von 72 Prozent war ein weiteres Zeichen, dass man das Spiel über weite Strecken unter Kontrolle hatte.
In der Abwehr manifestierten sich aber genau jene Schwächen, die seit Monaten offenkundig sind und letztlich die Wende herbeiführten. Vor allem auf den Außenpositionen unterliefen dem gelernten Innenverteidger Niklas Süle und Nico Schlotterbeck spielentscheidende Fehler, durch zwei unglückliche Wechsel hatte man davor im Zentrum Ordnung und Kontrolle verloren.
Bei aller berechtigten Kritik am Defensivverhalten kam gegen Japan aber auch deutlich zum Vorschein, über welch enormes offensives Potenzial die Mannschaft verfügt, was für das Entscheidungsspiel gegen Spanien Hoffnung verleihen sollte. Jamal Musiala hat unterstrichen, trotz seiner Jugend jederzeit für den besonderen Moment sorgen zu können, von Ilkay Gündogan kamen ebenfalls viele Impulse.
Schlüsselrollen könnten am Sonntag den beiden Bayern-Sechsern Joshua Kimmich und Leon Goretzka zukommen, der nach seinem Schnitzer im Japan-Spiel auf Wiedergutmachung eingestellt ist. Ein massiver Umbau der löchrigen Vierer-Abwehrkette wäre auch keine Überraschung. So dürfte Thilo Kehrer in die Startelf zurückkehren, eventuell rückt aber auch Kimmich in die Position des Rechtsverteidigers, auf der er unter Hansi Flick 2020 die Champions League gewann.
Tobi hat die WM-Vorschau Spanien - Deutschland verfasst
Seit 25 Jahren bin ich als Sportjournalist für meinungsbildende überregionale Medien tätig und habe u.a. von Olympischen Spielen, Fußball-Weltmeisterschaften und Tennis-Grand-Slam-Turnieren vor Ort berichtet. Durch die Pressearbeit für nationale Sportverbände und Fernsehsender ist mir zudem auch die PR- und Kommunikationssparte der Branche bestens vertraut. Dem Tennissport fühle ich mich als passionierter Hobbyspieler nicht nur beruflich eng verbunden.
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