Tennis Rankings: Steht eine neue Weltordnung bevor?
Langsam, aber sicher kehrt die Tenniswelt zur ihrem herkömmlichen Ranking-System zurück. Nach dem Wüstenklassiker von Indian Wells fallen zahlreiche Altlasten bei ATP und WTA aus der Wertung. Vor allem an der Spitze der Charts dürften sich massive Verschiebungen ergeben.
Stichtag vorgezogen
Unmittelbar nach dem Masters-Turnier in Indian Wells könnten sowohl bei den Herren als auch bei den Damen die Weltranglisten ordentlich durchgerüttelt werden. Ursprünglich sollten die 2019 gesammelten Punkte der BNP Paribas Open, wie das Event offiziell heißt, bis März 2022 im Ranking bleiben, doch erfolgt die Streichung der Resultate nun doch bereits am Montag, den 18. Oktober.
ATP-Turniere, die aus dem System fallen:
- Indian Wells 2019 (Masters 1000, Sieger Dominic Thiem)
- Shanghai 2019 (Masters 1000, Sieger Daniil Medvedev)
- Sankt Petersburg 2020 (ATP500, Sieger Andrei Rublew)
- Antwerpen 2019 (ATP250, Sieger Andy Murray)
- Moskau 2019 (ATP250, Sieger Andrei Rublew)
- Stockholm 2019 (ATP250, Sieger Denis Shapovalov)
- Köln I 2020 (ATP250, Sieger Alexander Zverev)
- Sardinien 2020 (ATP250, Sieger Laslo Djere)
Vor allem Topspieler betroffen
Zu Beginn der Corona-Pandemie wurden Schlüssel und Rhythmus der Punktevergabe geändert und mehrmals adaptiert, was so mancher Star scharf kritisierte. Die bevorstehenden Streichresultate, die eine langsame Rückkehr zum herkömmlichen Ranking-System bedeuten, haben auf praktisch jeden Spieler in der absoluten Elite Auswirkungen, auf einige Betroffene lohnt sich ein genauerer Blick.
Jagd auf Nummer eins gebremst
Dem Serben kommen hingegen lediglich 203 Zähler abhanden, wodurch sein Vorsprung wieder auf knapp 2000 Punkte wachsen würde. Allerdings fehlt der 20-fache Major-Gewinner in diesem Jahr in Indian Wells, wo Medvedev im Falle eines Turniersieges wiederum 1000 frische Punkte dazuverdienen kann. Abwegig erscheint dies keines, konnte der Russe von seinen letzten 17 Hartplatz-Partien 16 für sich entscheiden.
Casper Rudd, mit fünf Titeln in diesem Jahr der aktuell erfolgreichste Protagonist auf der Tour, ist der einzige Top-10-Akteur, der keine Punkte einbüßt. Roger Federer muss hingegen 480 ATP-Points von seinem Indian-Wells-Endspiel und dem Shanghai-Viertelfinale 2019 abgeben. Dominic Thiem, verhinderter Titelverteidiger bei den BNP Paribas Open und Shanghai-Viertelfinalist 2019, fallen von diesen zwei Masters-Events sogar 680 Punkte raus.
Protected Ranking für Langzeitverletzte
Der auf Rang zehn gereihte Norweger wird den direkt vor ihm positionierten Schweizer mit Sicherheit in der Weltrangliste überholen, womöglich auch den Österreicher. Der Maestro muss gar um seinen Platz in den Top 10 zittern, liegen doch sowohl Félix Auger-Aliassime als auch Hubert Hurkacz nur eine Handvoll Punkte zurück, dahinter lauern weitere Profis in Schlagdistanz.
Federer und Thiem genießen aufgrund des lädierten Knies bzw. Handgelenks aber derzeit Verletztenstatus und können mit einem geschützten Ranking auf die Tour zurückkehren. Jedoch wird dieses nicht für die Setzungen bei den Turnieren herangezogen, wodurch sie dann mit harten Brocken in den frühen Runden rechnen müssen.
WTA-Turniere, die aus dem System fallen:
- Moskau 2019 (WTA500, Siegerin Belinda Bencic)
- Luxemburg 2019 (WTA250, Siegerin Jelena Ostapenko)
- Linz 2019 (WTA250, Siegerin Cori Gauff)
- Tianjin 2019 (WTA250, Siegerin Rebecca Peterson)
Plus: French-Open-Ergebnisse 2020, die durch jene 2021 ersetzt werden
Damen-Tour radiert Paris 2020 aus
Zwar verlieren eine Reihe von Spielerinnen Punkte aus regulären WTA-Turnieren, die größten Verschiebungen wird jedoch das Ersetzen der French-Open-Ergebnisse von 2020 durch jene der diesjährigen Auflage verursachen. Bisher stand das jeweils bessere Abschneiden in Paris zu Buche.
Diesem Umstand ist auch das Abrutschen von Sofia Kenin aus den Top 10 geschuldet. Die Amerikanerin erreichte im Frühjahr zwar immerhin das Achtelfinale von Roland Garros, allerdings fällt ihr Finaleinzug aus dem in den Herbst verschobenen Turnier 2020 aus der Wertung. Dadurch purzelt der letztjährige Australian-Open-Champion zumindest von Platz acht auf Position 13. Abhängig von den Resultaten in Indian Wells könnte der dort abwesenden Kenin sogar ein noch tieferer Fall blühen.
Indian-Wells-Punkte zählen länger
Mit einer ähnlichen Situation sieht sich Iga Świątek konfrontiert. Auch die Polin verzeichnete in Paris in diesem Jahr mit dem Viertelfinale ein durchaus respektables Ergebnis, doch werden ihr 52 Wochen nach dem Titelgewinn am Bois de Boulogne die Punkte von damals nun gestrichen. Der 20-Jährigen steht ein Absturz im Ranking von Platz vier auf elf bevor, es könnte auch weiter hinunter gehen. Zum Unterschied von Kenin ist Świątek in Indian Wells aber am Start und würde sich bei einem etwaigen Turniersieg auf Position sechs halten.
Zudem sei erwähnt, dass die Ranglisten-Punkte von der letzten Ausgabe des Turniers in Indian Wells 2019 erst am 8. November aus dem WTA-Computer gelöscht werden. Dadurch behält Titelverteidigerin Bianca Andreescu ihre 1000 Zähler aus dem Wüsten-Highlight ein paar Wochen länger als der damalige Herren-Champion Dominic Thiem.