Novak Djoković: Grand Slams bleiben in Sichtweite
Um seinen Überzeugungen treu zu bleiben, ist Novak Djoković offenbar bereit, auf die größten Tennisturniere der Welt zu verzichten. Doch muss er das überhaupt? Die Entwicklung der Pandemie könnte es dem ungeimpften Weltranglistenersten bis zum Frühlingsbeginn ermöglichen, seine Rekordjagd wieder aufzunehmen.
Von vier Masters-Events ausgesperrt
Die nähere sportliche Zukunft von Novak Djoković scheint nach seinem aufsehenerregenden Interview mit der BBC, in dem er erklärte, sich vorläufig nicht impfen lassen zu wollen, auf dem ersten Blick ungewiss. Mit Sicherheit weiß man lediglich, dass er kommende Woche beim ATP-500 in Dubai aufschlagen wird. Bei den unmittelbar danach folgenden Turnieren des internationalen Tenniskalenders wäre der Serbe nach aktuellem Stand jedoch nicht teilnahmeberechtigt.
Verliert Djoker nächste Woche die Nummer eins?
Um Weltranglistenpunkte zu sammeln und seine Führung im ATP-Computer gegenüber Daniil Medvedev zu verteidigen, wird Djoković wohl aber Mitte April beim Heimspiel in Belgrad und Anfang Mai beim ATP-1000-Turnier in Madrid zu sehen sein. Allerdings könnte sich sein russischer Verfolger bereits mit einem Viertelfinaleinzug beim nächste Woche beginnenden 500er-Turnier in Acapulco, wo Alexander Zverev als Titelverteidiger an den Start geht, an die Spitze des Rankings setzen.
Jedoch muss man berücksichtigen, dass die in den meisten Ländern der westlichen Welt geltenden Maßnahmen mit einem von den Experten prognostizierten Abflauen der der Pandemie gelockert werden könnten - vor allem in Frankreich und Großbritannien, wo die nächsten zwei Grand-Slam-Turniere in Szene gehen, die Djoković 2021 jeweils gewonnen hatte.
Zwar hat der 20-fache Major-Champion gegenüber der BBC gestanden, in der derzeitigen Situation sogar bereit zu sein, auf sein jahrelang so intensiv verfolgtes Streben nach Rekorden verzichten zu wollen. Sollte er seine Punkte von den Triumphen in Roland Garros und Wimbledon aber tatsächlich nicht verteidigen können, würde Djoković bis auf Position sechs in der Weltrangliste abrutschen.
Macht Frankreich eine Kehrtwende?
Und die Theorie könnte für den Gewinner von 86 ATP-Turnieren bittere Realität werden. Unmittelbar nach den Australian Open hatte das französische Präsidentschaftsbüro erklärt, Djoković nicht zu den French Open zuzulassen, wenn er nicht vollständig immunisiert sei.
Doch nur zehn Tage später deutete Gabriel Attal nach einer Ministerratssitzung an, dass diese Bedingung im März oder April bei entsprechender Entwicklung der Infektionszahlen wieder aufgehoben werden könnte. „Wir haben Grund zur Hoffnung, dass sich die Lage bis dahin ausreichend entspannt, um sämtliche Schutzmaßnahmen zurückzunehmen", sagte der Regierungssprecher am 9. Februar.
– Gabriel Attal, franz. Regierungssprecher, hält die Teilnahme Djokovićs an den French Open für möglich.
Der angepeilte Zeithorizont wurde von Alain Fischer gezogen, dem Vorsitzenden des französischen Beratungsgremiums zur nationalen Impfstrategie. „Dazu müsste allerdings die Inzidenz auf mindestens ein Zehntel oder gar Zwanzigstel des heutigen Wertes fallen und die Überlastung der Spitäler überwunden sein", führte der renommierte Immunologe weiter aus.
Wimbledon orientiert sich an Regierung
Zweifelsohne wird auch die französische Präsidentschaftswahl in diesem Jahr einen Einfluss auf die Entscheidung haben und davon abhängen, ob Amtsträger Emmanuel Macron der Bevölkerung Garantien zur Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen geben oder seine Position als Verteidiger der umfassenden Impfstrategie bestärken will.
Briten heben alle Beschränkungen auf
Inzwischen dürfen ungeimpfte Ausländer ja wieder uneingeschränkt britisches Hoheitsgebiet betreten, sofern sie sich im Fall eines positiven PCR-Tests bei der Einreise in Selbstisolation begeben. Doch wird das Vereinigte Königreich gemäß ihres liberalen Zugangs, mit dem Virus zu leben zu lernen, bereits am 24. Februar sämtliche Maßnahmen aufheben und damit einen Monat früher als ursprünglich geplant.
Ganz so düster stellen sich die Aussichten für Djoković, der in seiner Karriere 155 Millionen Dollar an Preisgeld eingespielt hat, also gar nicht dar. Und wer weiß, falls keine weiteren Virusmutationen zu neuerlichen Wellen führen, lockern vielleicht auch die Vereinigten Staaten rechtzeitig vor den Ende August beginnenden US Open ihre Maßnahmen für den dreifachen King of Queens.